von Glaubnix » 12. Feb 2013, 16:04

Tach,

Bisher sind alle Päpste im Amt verstorben, und er tritt vorher zurück.
Tritt er wirklich zurück, weil er sich zu krank/alt fühlt?

Meine Meinung: Er ist gescheitert!
Wollte die Kirche ent-weltlichen und löste unzählige Proteste aus. Auch meinen.

Man kann aus einer Welt nicht zwei Welten machen.
Die Realität ist so, wie sie ist und es ist meiner Meinung nach nicht die Aufgabe der Kirche, die Realität abzulehnen.

Hier ein Auszug aus dem Artikel von der Zeitung Die Zeit,
zeit-online.de:

„In der Welt des Kampfes, der Intrige, der harten Interessengegensätze, hatte Ratzinger es weit gebracht. Und doch war dies eigentlich nicht seine Welt. Er erlebte eine behütete Kindheit, wenn er von seiner Heimat sprach, wurde er wehmütig: die Spaziergänge mit der Mutter zur Waldkapelle, das Moossammeln für die Weihnachtskrippe, die feierlichen Gottesdienste mit Weihrauch und lateinischem Gesang – eine heile, bayerische, katholische Welt.

Als junger Professor der Theologie hielt er Angriffe auf dieses allkatholische Paradies nicht aus. Vom weltmännischen Hans Küng ins liberale Tübingen geholt, verzog sich Ratzinger schon nach knapp drei Jahren ins beschauliche Regensburg, weil ihm die revoltierende Studentenschaft am Neckar, in der das Kreuz Christi schon mal als sadomasochistisches Artefakt verunglimpft wurde, zu sehr aufs Gemüt schlug.

Ratzinger wurde theologisch konservativer, machte Karriere und landete in Rom, dem Zentrum der Mutter Kirche, dort, wo die reine Lehre ihren Ursprung hat.
Bei brennenden Themen hielt er am Althergebrachten fest, ganz im Einklang mit Johannes Paul II.: etwa beim Zölibat, bei der Frage der Gleichberechtigung der Frau in der Kirche, bei der Lockerung des Eherechts, in Fragen der Ökumene oder bei der wirksamen Bekämpfung von Aids.

Auch als er selbst Papst war und gütiger und milder wirkte als zuvor: Es war Ratzinger drin, wo Benedikt draufstand. Er kämpfte gegen das Schreckgespenst der "Beliebigkeit" und die "Diktatur des Relativismus", der die Krise der europäischen Kultur verursacht habe, und forderte in seiner Freiburger Rede eine "Entweltlichung" der Kirche.

Diese Entweltlichung, die man als Rückzug ins Fromme verstehen kann, gelang ihm nicht.
Im Gegenteil, er erlebte innerkirchliche Kämpfe und Angriffe von außen.

Seine Regensburger Rede erzürnte viele Muslime und führte zu Krawallen mit etlichen Toten.

Der Versuch einer Versöhnung mit den rechten Pius-Brüdern und dem Holocaust-Leugner Richard Williamson kostete ihn viel Sympathie in seinem Heimatland bis hin zur Kanzlerin und veranlasste ihn gar, einen Entschuldigungsbrief zu schreiben.

Die Forcierung der Seligsprechung von Pius' XII. und die Wiedereinführung einer alten Karfreitagsliturgie belastete das Verhältnis zum Judentum.

Und die Aufdeckung und das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs Jugendlicher durch Priester müssen ihn zermürbt haben.“

Das ist wie gesagt nur ein Ausschnitt.

Hier ist der ganze Artikel:

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... -ratzinger

Habt ihr auch eine Meinung dazu?


ich glaub nix, was man sagt, ich glaub nur, was ich seh

Glaubnix

von Blue » 12. Feb 2013, 17:53
Hallo lieber Glaubnix,

also ich finde es in Ordnung, dass er sich so entschieden hat.
Man muss einfach voll bei Kräften sein, um so ein Amt auszuführen.
Dass es nie einfach ist, ist normal. Und er hat es nicht einfach gehabt und es sich aber auch nicht einfach gemacht.
Es ist nur kompetent und ehrlich, wenn er jetzt aus Altersgründen aufhört.
Herzlichst, Blue!

von Petra » 12. Feb 2013, 22:20

Hallo,
den Artikel finde ich sehr interessant, ich bin nicht katholisch und habe es nie so genau verfolgt, was da los ist.
Was ich aber mitbekommen habe, und wir alle wohl mitbekommen haben, ist, dass katholische Krankenhäuser einem Vergewaltigungsopfer nicht geholfen haben!
Das finde ich nicht gut, echt nicht.

von Mr Ed » 13. Feb 2013, 01:50
Und so sinkt das Ansehen der Kirche
immer weiter nach unten.

Die Kirche scheint damit überfordert zu sein, sich mit den Fragen des Lebens heutzutage auseinanderzusetzen und entfernt sich von den Menschen, deren Leben und, wie Glaubnix treffend schrieb: der Welt.

Das ist schade.

on McLeen » 15. Feb 2013, 15:06

Ich bin Protestant und dazu nicht wirklich Gläubig, daher denke ich das ich das alles sehr nüchtern betrachten kann.

Lasst ihn doch in Rente gehen und seine letzten Jahre noch in Frieden verbringen es ist ja auch nur ein Mensch und auch der Papst kann ausbrennen.

Die nicht Behandlung in einem Krankenhaus ist ein Skandal, unterlassene Hilfeleistung.
Krankenhäuser sind verpflichtet zumindest die Grundversorgung zu leisten und könne dann über eine Verlegung nachdenken, aus welchen Gründen auch immer, aber jedenfalls die Grundversorgung muss geleistet werden.

Aber das ist kein Einzelfall:
In den letzten 12 Jahren passierte es mir 5 mal das junge dynamische Ärzte uns mit unseren Patienten gleich wieder raus schickten, natürlich melden wir so etwas sofort, aber was dann daraus wird steht in den Sternen.
Aber ich will klarstellen das diese Krankenhäuser auch Privat und Städtische Kliniken waren, also keine Stiftkrankenhäuser, also zieht sich das durch die ganze Bandbreite von Krankenhäusern, vieles dringt nicht an die Öffentlichkeit.
Vielleicht sollte ich mal ein Buch schreiben.

Meine Persönliche Meinung ist: Will damit niemanden Angreifen oder sonst was, aber es ist meine Meinung

Ich finde es ganz gut das die Kirche an Macht verliert, egal welcher Glauben.
Es ist nie gut wenn eine einzelnen Organisation zu viel macht über zu viele Menschen hat und wir alle wissen das es zu viele Religionsfanatiker gibt, in jedem Glauben.

Und es ist reine Machtausübung wenn eine Einrichtung mit den Ängsten ihrer Anhänger Spielt und den glauben so ändert das man immer Mächtiger wird.

Nein die Religion hat durchaus auch gute Seiten, aber leider wird die Religiöse Botschaft ja doch nur von Menschen verbreitet und doch auch immer viel zu sehr an die eigenen Bedürfnisse angepasst



Verschiebe nicht auf morgen, was genauso gut auf übermorgen verschoben werden kann.

on Otherworld-Fan » 17. Feb 2013, 03:27

McLeen hat geschrieben:
Ich finde es ganz gut das die Kirche an Macht verliert, egal welcher Glauben.



Ich stimme dir 100% zu!

Eine Demokratie ist die beste Form!
Es kann jeder Mensch glauben, woran er möchte, aber er darf andere Menschen damit nicht benachteiligen, so ist es!

Dass ein kirchliches Krankenhaus aus (ihren) Glaubensgründen eine Notfallbehandlung ablehnt, ist ein Beweis dafür, dass dieser ganze kirchliche Kladeradatsch nicht mehr zeitgemäß ist und vor allem nicht in ein demokratisches Land passt.
Viele Grüße,
euer Fan der Otherworld!

von Mr Ed » 22. Feb 2013, 01:20


Passend zu unserem Thema habe ich auf Grenzwissenschaft-aktuell folgendes gefunden:

„Gesamtschau zu Religion in Deutschland seit 1945:
"Ein christliches Deutschland gibt es nicht mehr"

Münster (Deutschland) - Laut einer aktuellen Studie des Zeithistorikers Prof. Dr. Thomas Großbölting verharren Politik und Kirchen in Deutschland religionspolitisch in den 1950er Jahren. Die Kirchen würden nach damaligem Modell noch immer staatlich bevorzugt, obwohl eine Vielzahl an Religionen hinzugekommen sei. "Ein christliches Deutschland gibt es nicht mehr, die Zahl der religionspolitischen Konflikte wächst", so der Forscher des Exzellenzclusters "Religion und Politik" der Uni Münster. "Doch Politik und Kirchen wagen keine aktive oder pro-aktive Religionspolitik. Vor allem der Islam stößt an eine 'gläserne Decke'", heißt es in der Studie.“

Bei der folgenden Meldung handelt es sich um eine Pressemitteilung der Westfälische Wilhelms-Universität Münster, uni-muenster.de

„Beispiele für religionspolitische Konflikte gebe es in großer Zahl:
die Diskussion um die Abweisung einer vergewaltigen Frau in zwei katholischen Kliniken,
das Streikrecht für kirchliche Bedienstete,
die Beschneidungsdebatte und die Koranverteilung durch Salafisten.

"Politik und Kirchen unterschätzen den Handlungsbedarf notorisch.
Sie nehmen Veränderungen erst wahr, wenn sie als Probleme auftreten."
Eine weitsichtige Politik, die alle Religionsgemeinschaften gleich behandle, sei nicht in Sicht. "Stattdessen herrscht ein System der hinkenden Trennung von Kirche und Staat, das in der Nachkriegszeit entstanden ist", so der Historiker.

"Vieles davon hat sich bis heute erhalten: die Kirchensteuer, der Religionsunterricht an staatlichen Schulen oder der Sitz von Kirchenvertretern in Rundfunkgremien.
" Die Rechte und Ansprüche Andersgläubiger sowie der wachsenden Gruppe an Religionslosen hingegen fielen unter den Tisch.

Die christlichen Großkirchen profitieren nach Einschätzung des Forschers von ihrer Bevorzugung nur bedingt:
"Kirchliches Leben ist heute hochgradig gesellschaftlich integriert, gut organisiert und oft auch politisch einflussreich – doch als religiöser Anbieter für viele Menschen unattraktiver denn je."

So gehöre aktuell nur je ein Drittel der Bevölkerung noch einer der christlichen Kirchen an, um 1950 seien es noch 95 Prozent gewesen. Vor allem aber die Teilnahme der Mitglieder am kirchlichen Leben gehe kontinuierlich zurück.
"Das Christentum ist zu einem Anbieter unter vielen für Sinnstiftung und Sonntagsgestaltung geworden."

Diese neue Rolle wüssten die Kirchen noch nicht zu füllen.
Auch intern könnten sie mit Vielfalt nur schlecht umgehen.

"Insbesondere die katholische Kirche hält weiterhin an einem historisch überkommenen Geschlossenheitsprinzip fest, das ihren Mitgliedern Freiheitsrechte verweigert." Davon zeugen nach Auffassung des Autors die Konflikte um die Kirche als Arbeitgeberin, wie sie sich beispielsweise mit der Kündigung einer lesbischen Erzieherin in einem kirchlichen Kindergarten oder von einem wiederverheirateten Studienrats an einer kirchlichen Schule zeigten.

Begründet sei das "altbundesrepublikanische" Kooperationsmuster zwischen Staat und Kirche im Grundgesetz von 1949, das wesentliche Bestimmungen der Weimarer Verfassung aufgenommen habe, so Prof. Großbölting. [/i]

"Zu einer Zeit, in der die Gesellschaft dominant christlich geprägt war und man einen ideellen Neuanfang nach dem Nationalsozialismus suchte, funktionierte dieses Zusammenspiel für Politik und Kirchen hervorragend."

In den 1950er Jahren hätten die Kirchen Idealbilder und Lebenspraxis für viele Felder wie Familie, Sexualität, Bildung, aber auch politische Entwürfe vorgegeben.
"Was damals noch als moralische Wegmarke galt, war zwei Jahrzehnte später nur noch eine Position von vielen."

Und es geht noch interessant weiter:
http://grenzwissenschaft-aktuell.blogsp ... hland.html

Beruhigend, das wir nicht die einzigen sind, denen es auffällt…

Ich möchte aber doch noch erwähnen, dass ich generell nichts gegen die Kirche einzuwenden habe, es aber sehr bedauerlich finde, dass sie nicht mehr zeitgemäß ist, bzw. den Gang der Entwicklung der Menschen nicht mitgeht.

Und hallo McLeen,
du schriebst:

McLeen hat geschrieben:

Die nicht Behandlung in einem Krankenhaus ist ein Skandal, unterlassene Hilfeleistung.
Krankenhäuser sind verpflichtet zumindest die Grundversorgung zu leisten und könne dann über eine Verlegung nachdenken, aus welchen Gründen auch immer, aber jedenfalls die Grundversorgung muss geleistet werden.

Aber das ist kein Einzelfall:
In den letzten 12 Jahren passierte es mir 5 mal das junge dynamische Ärzte uns mit unseren Patienten gleich wieder raus schickten, natürlich melden wir so etwas sofort, aber was dann daraus wird steht in den Sternen.
Aber ich will klarstellen das diese Krankenhäuser auch Privat und Städtische Kliniken waren, also keine Stiftkrankenhäuser, also zieht sich das durch die ganze Bandbreite von Krankenhäusern, vieles dringt nicht an die Öffentlichkeit.



Das ist echt das Problem, dass man dann den Eindruck hat, das die Kliniken ebenfalls nicht mehr zeitgemäß sind, was ihre Aufnahmekapazität angeht.
Man muss sich einfach die Frage stellen, ob es heutzutage mehr Patienten, bzw. Notfallpatienten gibt als zu der Zeit, als man die Krankenhäuser baute?
Meiner Ansicht nach: Ja.

Und das betrifft auch die Anzahl der diensthabenden Ärzte und Schwestern.
Irgendwie scheint es doch so zu sein, als würden mit der Zunahme der Anzahl der Patienten die Anzahl des medizinischen, ärztlichen Personals abnehmen!
Schon vor über 20 Jahren habe ich gesehen, dass Patienten in ihren Betten auf den Flur „geparkt“ wurden, bis ein Bett in einem Patientenzimmer frei wurde.
Wie kann man bitte auf einem Flur, durch den zahllose Leute gehen und Unruhe herrscht, in Ruhe gesund werden, oder überhaupt schon mal schlafen?

Und dass sie Notfallpatienten gar nicht mehr annehmen können, empfinde ich auch als eine absolute Katastrophe.

Das ganze „System“ ist komplett überlastet, eben weil es nicht zeitgemäß ist und sich einfach nicht den notwendigen Erfordernissen anpassen kann.

Ebenso wie die Problematik, dass viele Patienten absolut zu früh nach Hause entlassen werden, obwohl sie noch weiter ein Fall für die stationäre medizinische Behandlung wären.

Mr Ed

von Freidenker » 22. Feb 2013, 23:44


Hallo,
da stimme ich euch zu!
Und der Mensch bleibt auf der Strecke, und damit meine ich jetzt in der Tat alle Beteiligten, die da wären: Die Patienten, die Ärzte und die Schwestern und nicht zu vergessen: deren Angehörige.

Aber zurück zum Papst:
Heute gab es neue Spekulationen über den Grund des Rücktritts des Papstes.
Es soll ihm von den Erpressungsaktionen, Korruptionen, Bestechung, Sex, gestohlene Dokumente etc. berichtet worden sein. Es soll um einen 300 Seiten dicken Geheimbericht gehen, den man den Papst vorgelegt haben soll.
Habe ich auf der gmx-Seite gelesen.

http://www.gmx.net/themen/nachrichten/p ... ng-vatikan

Wenn man dort weiterblättert, findet man auch das Ergebnis einer Umfrage, dass sehr viele Deutsche mit dem Papst zufrieden sind.

„Laut der Umfrage des Instituts Infratest dimap ist ein Viertel (24 Prozent) der Bevölkerung mit dem Wirken des Papstes weniger oder gar nicht einverstanden. Die deutschen Katholiken sind demnach zu 69 Prozent mit ihrem Kirchenoberhaupt zufrieden. Unter den Protestanten gaben 53 Prozent eine positive Bewertung ab, unter den Konfessionslosen jeder Dritte (34 Prozent)“

Okay, diese Umfrage betrifft jetzt den Papst und nicht die Vorgänge im Vatikan, wenn ich es richtig verstanden habe.

Altersforscher werden den Rückstritt als ein positives, bzw. bemerkenswertes Signal.
Könnt ihr hier lesen:

http://www.gmx.net/themen/nachrichten/p ... tes-signal

So wie es aussieht, wird das Thema Kirche, Vatikan, Papst, allg. Leben und Altern etc. neu überdacht, zumindest regt es viele - auch Wissenschaftler – an, alles diesbezüglich zu überdenken.
Das finde ich gut.
Wie seht ihr das?
denkt frei,
euer Freidenker!

von Cappucchino » 24. Feb 2013, 00:04

Wird auch höchste Zeit, das man es mal angeht!
Aber ich hätte es auch interessant gefunden, wenn der Papst im Amt geblieben wäre, und wenn 10 mal alt und krank ist.
Alle Päpste waren irgendwann alt und krank.
Interessant wäre dann gewesen, auf diesem Weg feststellen zu müssen, dass dieses kirchliche System komplett veraltert und inzwischen undurchführbar ist.
Aber ich habe den Eindruck, dass der Papst nicht sehenden Auges ins Verderben rennen will. Wenn er schlau ist.

Meiner Meinung nach gehört dieses ganze Brimborium abgeschafft.

Gott: ja!
Zusammentreffen im Namen Gottes: Ja.
Gemeinsam beten: Ja.
Gemeinsam Gutes tun: Ja.
kirchliche pseudo-allumfassende Institutionen: NEIN!



Ich mach mir mal ´n Cappucchino solange...

von Geisterliesel » 25. Feb 2013, 01:44

Hallo,
Abschaffen ist zuviel, finde ich.
Ich finde die Kirche eigentlich ganz gut, ich mag auch die Kirchengebäude.
Es ist alles etwas altertümlich, das stimmt zwar, aber genau das ist das, was mich manchmal entschleunigt und entstresst.